<217> Verein mit dem Bombardement hatte unsere Sache so sehr gefördert, daß sich die eingeschlossene Armee höchstens bis zum 28. Juni hätte halten können. Dann hätte sie die Waffen strecken müssen.

Hätten wir kein andres Hindernis gehabt als die Belagerung selbst und die starke Besatzung von Prag, so wäre uns die Sache sicher geglückt. Aber folgende Schwierigkeiten wurden uns verhängnisvoll und wuchsen uns schließlich über den Kopf. Bekanntlich befand sich Feldmarschall Daun mit 14 000 Mann in vollem Anmarsch und wollte bei Prag zu Browne stoßen. Er stand am Tage der Schlacht bei Böhmisch-Brod. Ich detachierte den Herzog von Bevern mit 15 Bataillonen und 70 Schwadronen zur Vertreibung Dauns, dessen Nähe gefährlich war. Der Herzog drängte ihn in der Tat zurück, aber nicht mit der ganzen erwünschten Energie. Immerhin nahm er die Magazine von Nimburg, Suchdol, Kolin und Kuttenberg weg und warf Daun bis Czaslau zurück. Aber Daun erhielt große Verstärkungen, und auf die Nachricht hin entschloß ich mich, die Stellungen um Prag enger zusammenzuziehen und selbst mit 16 Bataillonen und 30 Schwadronen zum Herzog von Bevern zu stoßen. Inzwischen hatte Daun seinerseits den Herzog umgangen und ihn zum Verlassen der Höhen von Kuttenberg gezwungen. Als ich mich im vollen Anmarsch befand, um bei Kuttenberg zu ihm zu stoßen, sah ich ihn in Kaurzim anlangen, wo ich mich vorübergehend gelagert hatte1.

Demgegenüber behaupten die Kritiker: wenn ich imstande gewesen sei, den Herzog von Bevern mit 16 Bataillonen und ebensoviel Schwadronen zu verstärken, so hätte ich das von Anfang an tun sollen. Dadurch hätte ich ihm die Ausführung meines Auftrags erleichtert, und er hätte Leopold Daun dann sicher aus Böhmen vertrieben.

Darauf antworte ich ihnen: sie haben zwar sehr recht, es war mir aber unmöglich, soviel Leute von den Prager Belagerungstruppen fortzunehmen, bevor die Einschließungslinie enger gezogen war. Einige dieser Stellungen hatten wir erst mit dem Degen in der Hand erobern müssen. Um uns in anderen festsetzen zu können, mußten erst viel Erdarbeiten gemacht werden. Die Schlacht bei Prag hatte 16 000 Tote und Verwundete gekostet, und für die Errichtung der Batterien, deren Deckung und für die Erdarbeiten waren so viel Leute nötig, daß die Truppen nur einen um den andern Tag Ruhe hatten. Schließlich war unser Hauptzweck die Einnahme Prags. Hätten wir unsere Kräfte von vornherein gegen Daun verwandt, so wäre vielleicht beides mißlungen.

Schön, sagt man, es mag noch hingehen, daß du Daun nicht soviel Truppen entgegenschicktest. Warum aber hast du nicht die Regel der großen Feldherren befolgt, mit der Beobachtungsarmee jeden Kampf zu vermeiden, und dich nicht damit begnügt, befestigte Stellungen zu besetzen, den Feind an der Verstärkung der Belagerten zu verhindern und durch Bewegungen und geschickte Märsche die Absichten der feind-


1 Vgl. S. 75 f.